Klaus von Bismarck war ein ziemlich typischer Junker, von Beruf Landwirt, dann Offizier. Im Eindruck des Kriegsausgangs sucht er nach neuen Wegen und setzt sich in verschiedenen kulturellen Funktionen für eine deutsch-polnische Aussöhnung ein.
Klaus von Bismarck entstammt einem
alten preußischen Junkergeschlecht, der erste Reichskanzler Otto von Bismarck ist sein Urgroßonkel. 1912 auf dem Gut Jarchlin geboren, war seine Kindheit und Jugend von Leben und Arbeit auf diesem Landgut in
Hinterpommern bestimmt, das auch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer noch patriarchalisch geordnet war. Entgegen dem Klischee vom handfesten und eher einfachen Landadeligen waren seine Eltern durchaus kultiviert, weltoffen und vielseitig interessiert, was auch darin zum Ausdruck kam, daß sein Vater ohne alle Bedenken eine Frau aus
dem Bürgertum geheiratet hatte. Gleichwohl engagierte sich dieser in der völkisch-konservativen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), die unter anderem eine Revision der im Versailler Vertrag festgelegten deutschen Ostgrenze anstrebte. Auch Klaus von Bismarck wird Mitglied der rechtsnationalistischen Bündischen Jugend und des Stahlhelms,
der paramilitärischen Kampforganisation der DNVP. In seinen Memoiren schreibt er, daß dabei der Spaß am militärischen Spiel im Vordergrund stand, und nicht etwa eine prononcierte politische Einstellung. Nach dem frühen Tod des Vaters beschließt Klaus, nach dem Abitur den Beruf des Landwirts zu erlernen. Der älteste Sohn der Familie will einmal seiner Mutter nachfolgen, die nunmehr allein mit der Leitung der Güter befaßt ist. Dann jedoch ergibt sich für ihn die Gelegenheit für eine militärische Laufbahn. Schon wenige Monate nach dem Ende seines aktiven Dienstes wird er wieder einberufen. Der Zweite Weltkrieg beginnt, in dem er bis zum Ende als Frontoffizier kämpft. Er ist durchdrungen vom Ethos des preußischen Offiziers, der neben Pflichterfüllung und Ritterlichkeit häufig auch eine als apolitisch empfundene, tatsächlich aber konservativ wirkende Haltung umfaßte. Obgleich innerlich distanziert vom Naziregime sowie empört über im
deutschen Namen verübte Verbrechen, erkennt er doch erst sehr spät das ganze Ausmaß der Katastrophe. Sie veranlaßt ihn zum Umdenken. Bald nach Kriegsende wird er Jugenddezernent des Kreises Herford in Westfalen. Obwohl ohne alle Erfahrung in der Jugendarbeit erhält er das Vertrauen der britischen Militärverwaltung, da er als unbelastet gilt. Besondere Bedeutung für seine Arbeit gewinnt das Jugendhaus Vlotho, in dem sich Jugendverbände unterschiedlicher Ausrichtung austauschen und lernen, sich mit anderen Auffassungen auseinanderzusetzen und zu akzeptieren. Das gilt auch für Klaus von Bismarck, der – wie bis dahin in der deutschen Gesellschaft vielfach üblich – nicht über die Grenzen seines Milieus hinaus gedacht hatte. Er verbindet das Gefühl, nach dem glücklich überstandenen Krieg nicht mehr allein sich selbst gehören zu können, mit dem erlernten preußischen Pflichtgefühl, um eine Neuorientierung und einen gemeinsamen Anfang
mit zu ermöglichen. Er beschließt, sich in der evangelischen Kirche zu engagieren, organisiert Kirchentage und fördert einen Dialog zwischen Arbeitern und Arbeitgebern. 1960 wird er als parteipolitisch neutraler, evangelischer Kandidat zum Intendanten des inzwischen gegründeten WDR gewählt. Bismarck versucht, sich aus den Auseinandersetzungen der Parteien um Einfluß auf den Sender herauszuhalten und sich auf die Qualität des Programms zu konzentrieren. Klaus von Bismarck wird 1976 Präsident des Goethe-Instituts. Er nimmt die Wahl gerne an, nichts zuletzt deshalb, weil es für ihn „auch eine Art ‚Wiedergutmachung‘ der eigenen blinden, soldatischen Befangenheit in den Zeiten des Krieges“ war. Er amtiert bis 1989. Unter seiner Federführung verstärkt das Institut, dessen Unabhängigkeit Bismarck zu wahren weiß, sein Engagement in Osteuropa. Auch in Warschau und Krakau öffnen Niederlassungen. Klaus von Bismarck stirbt 1997.