Bismarck ist genauso wie Friedrich II., der aggressive, antipolnische Politiker, der faktisch eine Vernichtung, nicht physischer Art, aber eine kulturelle Vernichtung, eine wirtschaftliche Vernichtung ... des polnischen Volkes betrieb, eine rücksichtslose Allianz mit Russland auf Kosten Polens verfolgte, damit auch ein emsiger Schüler Friedrichs II. war. Zugleich aber, und das ist wiederum die zweite Linie des polnischen historischen Bewusstseins - gerade im Kriegszustand hatten wir eine, also in den 80er Jahren, hatten wir eine interessante Debatte, als ein sehr namhafter, angesehener katholischer Historiker, Prof. Stoma, einen Text schrieb, ein Loblied auf Bismarck: „So einen wie Bismarck brauchen wir auch heute.“ Das heißt einen Realpolitiker, der sehr genau weiß wie man mit Emotionen spielt, aber sie immer unter Kontrolle hält. Und der nie die Grenze des Möglichen überzieht und auf der Es gab so eine Überlegung, ja wir müssen selbst aus unserem romantischen Fahrwasser raus gehen und die Realpolitik lernen.
Und Bismarck wäre ein guter Schulmeister, allerdings ... ein Bismarck, den wir in uns entdecken sollten, und nicht sozusagen den Fürst genau wortwörtlich nachahmen. Aber im Grunde genommen ist das nur eine kleine Erscheinung in der Bismarckrezeption. Sonst ist Bismarck selbst eine ausgesprochen negative Figur Gewesen. Allerdings es gibt viele Bismarcks, die wir sehr mochten. Das ist Klaus von Bismarck, Philipp von Bismarck, die ganze Familie, die sich sehr für den Dialog mit Polen wiederum in den 60er, 70er, 80er, und 90er Jahren eingesetzt hatte. Das heißt wir haben auch unsere Bismarcks, mit denen wir sehr gut auskommen konnten.