Konrad Weiß, Politiker

Karriere
geboren17.2.1942 in Lauban

In der DDR-Opposition der 70er und 80er Jahre gab es nur wenige, die Kontakte und Beziehungen zu Oppositionellen in Polen unterhielten und sie in der DDR bekannt machten. Weiß war Mitglied der „Aktion Sühnezeichen“ und gehörte zu einer der ersten DDR-Gruppen, die Auschwitz besuchten.

Konrad Weiß floh als Dreijähriger mit der Familie aus Lauban/Luban, der Vater starb auf der Flucht. Sein älterer Bruder, der sich in einer unabhängigen Jugendgruppe engagierte, entging einer Verhaftung nur durch Flucht in den Westen. Weiß selbst wurde zur erweiterten Oberschule (EOS) wegen seines katholischen Bekenntnisses nicht zugelassen und mußte das Abitur auf der Volkshochschule nachholen.

Konrad Weiß
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Konrad Weiß

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Als Mitarbeiter des katholischen Seelsorgeamts Magdeburg erhielt Weiß Kontakte zur „Aktion Sühnezeichen“, über deren Gründer Lothar Kreyssig er 1998 eine Biographie verfaßte. Mit Aktion Sühnezeichen fuhr Weiß 1965 nach Auschwitz/Oswiecim. Zitat Der Besuch hat ihn nachhaltig beeindruckt und sein Leben verändert.

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Das Emblem der Aktion Sühnezeichen
Aktion Sühnezeichen 1972

Aus dieser ersten Begegnung mit Auschwitz/Oswiecim und Polen resultierte für Weiß auch eine Bekanntschaft mit Tadeusz Mazowiecki, der 1965 Abgeordneter des polnischen Parlaments war und 1989 der erste nichtkommunistische Ministerpräsident Polens wurde. Auch zu anderen Mitgliedern der polnischen Opposition erhielt Weiß Kontakt durch die „Aktion Sühnezeichen“. Nach seinem Abitur 1964 studierte Weiß von 1966 bis 1969 an der Hochschule für Filmkunst in Potsdam Regie und Kamera. Seit 1969 arbeitete er als Regisseur beim DEFA-Studio für Dokumentarfilme in Berlin. In seinen Filmen setzte er sich vor allem mit Fragen von Gewalt, Widerstand und der Verfolgung und Vernichtung von Juden im Nationalsozialismus auseinander. Bereits während seines Studiums wurde Weiß vom Geheimdienst in einem Operativvorgang (OV) „Widersacher“ überwacht, da jedoch einer seiner Dokumentarfilme in Moskau einen Preis erhielt, war er nicht angreifbar.

Die Begegnung mit Auschwitz und Polen ließ Weiß vor allem erkennen, daß der Antifaschismus der Sozialistischen Einheitspartei (SED) in der DDR nicht stimmig war. Die Beschäftigung mit der Vernichtung der europäischen Juden bewirkte bei Weiß einen Prozess der inneren Distanzierung von der DDR. Weiß produzierte bei der DEFA hauptsächlich Dokumentarfilme für Kinder. Einer behandelte das Tagebuch eines jüdischen Jungen aus Polen, Dawid Rubinowicz, der 1942 in Treblinka umgebracht wurdeZitat. Nach 1976 begann sich Weiß bewußt von der Herrschaft der SED in der DDR zu distanzieren. Er publizierte in Zeitschriften der Bundesrepublik und im Samisdat der DDR. 1989 publizierte er in der Samisdat-Zeitschrift „Kontext“ einen vielbeachteten Artikel über rechtsradikale Tendenzen in der DDR. Seine zunehmend kritische Positionierung zur DDR führte zur Ablehnung weiterer Filmprojekte und zu einer dauernden Beobachtung durch den Geheimdienst.

Im Herbst 1989 gehörte Konrad Weiß zu den Mitbegründern der Gruppe „Demokratie Jetzt“ und vertrat, seit Anfang Dezember, diese Gruppe am zentralen „Runden Tisch“ in Berlin. Die Idee ein Übergangsparlament („Runder Tisch“) einzurichten, hatten die DDR-Bürgerrechtler natürlich aus Polen. In Polen hatte ein ähnliches Übergangsparlament bereits im Sommer 1989 getagt und den Prozess der Demokratisierung des Landes eingeleitet. In den ersten freien Wahlen der DDR, am 18. März 1990, gelangte Weiß für die Partei „Bündnis 90“ als Abgeordneter in die Volkskammer. Auf Initiative von Konrad Weiß erklärte diese erste frei gewählte Volksvertretung der DDR im März 1990, daß sie bereit sei, Verantwortung und Haftung für die Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus zu übernehmen. Zitat Von 1990 bis 1994 gehörte Weiß als Abgeordneter dem Deutschen Bundestag an. Er lebt als freier Publizist in Berlin.

Januar 1945    Mai 1945    17.7.1945    Herbst 1945    1952    1955    1958    18.11.1965    28.9.1969    1969    7.12.1970    1972    16.10.1978    1980    1981    12.11.1989    5.7.2002    13.12.2002    30.1.2003    31.5.2003    6.6.2003    8.6.2003    14.7.2003    13.12.2003    1.5.2004    13.6.2004    18.6.2004    1.8.2004    10.10.2004