Der Offizier der polnischen Heimatarmee bekämpfte Hitler und wurde von Stalin eingesperrt. Er saß mit Jürgen Stroop, dem "Henker von Warschau" in einer Zelle und schrieb später ein Buch über ihn.
Kazimierz Moczarski war ausgebildeter Jurist, arbeitete jedoch vor 1939 als Jounalist. Er gehörte 1937 in Warschau zu den Gründern des "Demokratischen Klubs", einer fortschrittsorientierten, überparteilichen Organisation. Bei den Kämpfen nach dem Überfall der Deutschen am 1. September 1939 war er bis zur Kapitulation Polens am 5. Oktober als Reseveroffizier eingesetzt.
Danach gehörte er dem Oberkommando der AK Armia Krajowa (Heimatarmee) an, die sich aus im Untergrund kämpfenden militärischen Einheiten formierte und der polnischen Exilregierung in London unterstand. Innerhalb des "Führungsstabes des Zivilen Kampfes" dessen Aufgabe es war, den Widerstand der Bevölkerung zu organisieren, war Moczarski mit der Leitung der Untersuchungen gegen Kollaborateure beauftragt. Als Jurist und Journalist war er für diese unangenehme Aufgabe besonders qualifiziert. Er hatte das Material zu sammeln, auszuwählen und zu bewerten, das den Staatlichen Polnischen Gerichten, Teil der konspirativen Verwaltung des Untergrunds, als Grundlage für die Durchführung von Prozessen diente. Er war außerdem 1943 während des Warschauer Ghettoaufstandes an Sabotageakten beteiligt und danach auf den SS-General Jürgen Stroop angesetzt. 1944 kämpfte er im Warschauer Aufstand der AK gegen die deutsche Besatzung.
Nachdem Moskau im April 1943 (nach Entdeckung der Morde von Katyn) die diplomatischen Beziehungen zur polnischen Exilregierung abgebrochen hatte, kam es zu Differenzen in der AK. Während ein Teil (und mit ihm Moczarski) die Linie des polnischen Staates vor 1939 vertrat, wozu auch eine antisowjetische Einstellung gehörte, tendierte
ein anderer Teil zunehmend für ein engeres Zusammengehen mit der Sowjetunion. Den Wettstreit um die Interessenvertretung Polens verlor die Exilregierung gegen Moskau, das seit Juli 1944 vollendete Tatsachen schuf und, gestützt auf die Rote Armee, die Herrschaft in den von den Deutschen befreiten Gebieten übernahm. Die neue Regierung Polens begann unmittelbar nach ihrer Machtübernahme, den aus Moskau kommenden Direktiven Stalins folgend, mit der Verfolgung derjenigen Soldaten und Offiziere der Heimatarmee, die der Londoner Exilregierung nahestanden. Am 11. August 1945 wurde Kazimierz Moczarski von der polnischen Geheimpolizei auf Weisung des NKWD verhaftet. Die Anklage warf ihm wider besseren Wissens Kollaboration mit den Nazis, Mord an polnischen Widerstandskämpfern, Verrat an seinem Volk und Agententätigkeit für die Gestapo vor. Ein erstes Urteil vom 18. Januar 1946 lautete auf zehn Jahre Gefängnis, eine Amnestie setzte 1947 die Strafe auf fünf Jahre herab.
Im Januar 1949 wurde Mozcarski in das Gefängnis Mokotow in Warschau verlegt und für mehr als zwei Jahre ständigen Verhören unterzogen, bei denen 49 verschiedene Folterarten zum Einsatz kamen. Als zusätzliche Demütigung wurde er vom 2. März bis 11. November 1949 mit dem an Polen ausgelieferten Jürgen Stroop, dem Vernichter des Warschauer Ghettos, in eine Zelle verlegt. Am 18. November 1952 wurde Moczarski vom Wojewodschaftsgericht wegen derselben nicht begangenen Straftaten zum Tode verurteilt und im Oktober 1953 zu lebenslänglichem Zuchthaus "begnadigt". Nachdem Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU die Verbrechen Stalins enthüllt hatte und das "Tauwetter" begann, betrieben seine Anwälte die Wiederaufnahme des Verfahrens. Moczarski wurde im Oktober 1956 auf freien Fuß gesetzt und mit dem Gerichtsurteil vom 11. Dezember 1956, das feststellte, daß er zu Unrecht angeklagt und verurteilt worden war, vollständig rehabilitiert.
Anschließend arbeitete er als Journalist in Warschau. Er widmete sich den sozialen Problemen und gehörte zu jenen, die sich 1968 gegen die neuen antisemitischen Ausschreitungen in Polen stellten. 1971 schrieb Mozcarski, der schon in seiner Berufungsverhandlung durch ein phänomenal gutes Gedächtnis aufgefallen war, aus der Erinnerung die "Gespräche mit dem Henker" nieder, die er 1949 in der Zelle mit Jürgen Stroop geführt hatte. Der Text, der ein wichtiges historisches Dokument ist, erschien 1972 in der Breslauer literarischen Monatzeitschrift Odra/Die Oder. Die Veröffentlichung als Buch erlebte der Autor, der 1975 starb, nicht mehr.