Wojciech Jaruzelski wird in der Sowjetunion militärisch ausgebildet, nimmt am Zweiten Weltkrieg teil und macht eine steile Karriere in der Volksrepublik Polen. Er wird Verteidigungsminister und Staatspräsident, wobei vor allem der von ihm verhängte Kriegszustand in Erinnerung geblieben ist.
So nennt Adam Krzeminski in seinem historischen Essay Wojciech Jaruzelski. Am 6. Juli 1923 in der Nähe Lublins als Sohn einer adligen Familie geboren, wird diese nach dem Einmarsch der Roten Armee im September 1939 in die Sowjetunion verschleppt. Hier erfährt er seine militärische Ausbildung und nimmt als
Offizier der Polnischen Armee der Berling-Armee an der Einnahme Warschaus und Berlins teil. 1947 tritt Jaruzelski der Polnischen Arbeiterpartei bei, die sich 1948 den Namen Vereinigte Polnische Arbeiterpartei (PZPR) gibt. Nach dem Abschluß seiner militärischen Ausbildung zum General widmet er sich seiner politischen Karriere und wird
1961 Parlamentsabgeordneter. Bereits im folgenden Jahr wird er stellvertretender Verteidigungsminister, Mitglied des Zentralkommitees und 1965 Chef des Generalstabs. Im Jahr 1968 steigt er zum Verteidigungsminister der Volksrepublik auf. Wojciech Jaruzelski tritt dieses Amt in einer schwierigen Zeit an. Wirtschaftskrisen und Arbeiterunruhen erschüttern
das Land, die das Regime militärisch niederzuschlagen versucht. Jaruzelski weigert sich 1976 mit Panzern auf die eigenen Landsleute los zu gehen: „Polnische Truppen werden nicht auf polnische Arbeiter schießen.“ Dennoch wird er später für die Schüsse auf Demonstranten im Jahr 1970 mitverantwortlich gemacht. Jaruzelski setzt seine politische Karriere fort. 1971 tritt er mit der Wahl ins Politbüro in den innersten Zirkel der Macht ein und wird im Februar 1981 mit der Wahl zum 1. Sekretär des ZK zum wichtigen Mann des Staates. Auf den wachsenden Einfluß der „Solidarnosc“ und die ausbrechenden Streiks reagiert er im Dezember 1981 mit der Verhängung des Kriegeszustandes, der im Juli 1983 wieder aufgehoben wird. Erst im Jahr 1988 setzt er sich mit Vertretern der Gewerkschaft am „Runden Tisch“ zusammen, an dem die Legalisierung der „Solidarnosc“ und die Einleitung von Reformen beschlossen wird. Während die DDR seit dem Beginn der achtziger
Jahre auf Abstand von der polnischen Regierung geht, aus Furcht, ebenfalls von dem „polnischen Virus“ befallen zu werden, setzt die Bundesrepublik ihre von Brandt begonnene Ostpolitik fort und führt auch in Zeiten des Kriegszustandes Gespräche mit Wojciech Jaruzelski. Als einer der ersten läßt dieser im Jahr 1985 Bedauern gegenüber dem Leid der
deutschen Vertriebenen erkennen. Die deutsch-deutschen Annäherungen betrachtet der General mit äußerstem Mißtrauen, die die polnische Deutschlandpolitik und den Status quo in Europa gefährden könnte. Das Verhältnis zur DDR ist durch die Streitigkeiten um die Pommersche Buch belastet und wird durch die Ängste Jaruzelskis vor einer Infragestellung der Oder-Neiße-Linie zusätzlich beeinträchtigt. Im Juli 1989 wird Jaruzelski zum Präsidenten gewählt, 1990 jedoch von Lech Walesa im Amt abgelöst.