Der Elektriker wird als Führer der Streikbewegung auf der Danziger Leninwerft und Vorsitzender der unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc zum Symbol der Wende in Polen. Als Staatspräsident ist er dagegen umstritten.
1967 fängt Walesa als Elektriker auf der Danziger Werft an und heiratet zwei Jahre später Danuta Golos, mit der er acht Kinder hat. Im Dezember 1970 beteiligt sich Walesa an den Auseinandersetzungen zwischen Arbeitern und Regierung und tritt bereits als Führer der Werftarbeiter hervor. 1976 wird er nach einem von ihm organisierten Streik aus der Werft entlassen. In den folgenden Jahren hält er sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Weiterhin setzt er sich für die
polnischen Arbeiter ein und ist 1978 an der Gründung der "Freien Gewerkschaft des Küstengebietes"
beteiligt. In dem großen Auguststreik des Jahres 1980 wird er zum Vorsitzenden des Streikkomitees der Leninwerft bestimmt und einer der Führer des überbetrieblichen Streiks in Danzig. In den
Verhandlungen mit der polnischen Regierung gelingt es Walesa, einige seiner Forderungen in der "Danziger Vereinbarung" durchzusetzen, darunter das Streikrecht und das Recht auf die Bildung unabhängiger Gewerkschaften. Er unterzeichnet - das Bild geht um die Welt - am 31. August 1980 mit einem überdimensionalen
Kugelschreiber. Lech Walesa wird zum Sprecher und Symbol des Aufbruchs in Polen. Im September 1980 wird der
bekennende Katholik zum ersten Vorsitzenden der unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc gewählt und im Januar des folgenden Jahres von Papst Johannes Paul II. im Vatikan empfangen. Er reist nach Italien, Japan, Schweden, Frankreich, Schweiz und ist Gast der Internationalen Arbeiterorganisation. Diese kurze Phase der relativen Freiheit wird durch die Verhängung des Kriegsrechtes beendet. Die Gewerkschaft Solidarnosc wird verboten, Walesa vom Dezember 1981 bis November 1982 unter Hausarrest gestellt und mehrmals kurzzeitig inhaftiert. Im Jahr 1983 wird Walesa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seine Frau Danuta nimmt ihn entgegen, da ihm selbst die Reise nach Schweden verweigert wird. Im Klima der allgemeinen Entspannung und der von Michael Gorbatschow eingeleiteten Perestroika gelingt es dem Gewerkschaftsführer, gestützt auf die im Untergrund weiterhin aktive Solidarnosc, mit der polnischen Regierung am "Runden Tisch"
einen "Neuen Gesellschaftsvertrag" zur Öffnung und Demokratisierung Polens abzuschließen, der auch die Wiederzulassung der unabhängigen Gewerkschaften enthält. In den ersten Parlamentswahlen vom Juni 1989, in denen Oppositionsparteien zugelassen sind, geht die Solidarnosc mit dem Spitzenkandidaten Lech Walesa als Siegerin hervor und übernimmt die Führung einer Koalitionsregierung unter Tadeusz Mazowiecki.
Im zweiten Wahlgang wird der Gewerkschaftsführer mit überwältigender Mehrheit zum Staatspräsidenten gewählt. Er leitet zahlreiche Gesellschaftliche Reformen ein, gerät jedoch mit seinem populistischen Kurs in Gegensatz zur Solidarnosc. 1993 erleidet er eine erste Niederlage bei den Parlamentswahlen, aus denen die Ex-Kommunisten als Sieger hervorgehen. Im Dezember 1995 muß er sich in eienr Stichwahl gegen seinen Herausforderer Aleksander Kwasniewski geschlagen geben. Person und Politik Lech Walesas bleiben umstritten. Während seine Verdienste um die Freiheit der Polen und die Bedeutung seiner Gewerkschaftsbewegung kaum angezweifelt werden, heben Kritiker seine Versäumnisse als Staatsoberhaupt hervor . Seine Politik gegenüber Deutschland war vom Gedanken der Versöhnung getragen .