In den 70er und 80er Jahre war der jüdische Auschwitz-Überlebende Heinz Brandt einer der wenigen bundesdeutschen Linken, die die Freiheitsbewegungen in Osteuropa offen unterstützten.
Heinz Brandt wurde am 16. 8. 1909 in einer jüdischen Familie in Posen geboren, studierte Volkswirtschaft in Berlin und trat 1931 in die KPD ein. Nach 1933 gab er illegal eine kommunistische Betriebszeitschrift heraus. Schon 1934 verhaftete man ihn und verurteilte ihn zu 6 Jahren Zuchthaus. 1940 wurde er in das KZ Sachsenhausen deportiert, 1942 weiter nach Auschwitz. Hier beteiligte er sich an der Dokumentation des Vernichtungsprozesses, die später durch den polnischen Widerstand an die Exil-Regierung in London und von dort auch in
die USA geschmuggelt wurde. 1945 wurde Brandt in das KZ Buchenwald deportiert. und dort von der US-Armee befreit. Nach seiner Befreiung trat Brandt in Berlin wieder in die KPD ein, wurde Angestellter der Stadtverwaltung und arbeitete für den Hauptausschuß "Opfer des Faschismus". Seit 1952 wurde er Mitglied der SED-Landesleitung
in Ostberlin. Während der Streiks am 16. Juni 1953 erwirkte er in der SED sogar eine Initiative zur Herabsetzung der Normen. Am Tag der Niederschlagung des Aufstandes (17. Juni) durch sowjetische Panzer äußerte er: "Jetzt begrüssen wir die Panzer Unter den Linden, die uns von den Arbeitern befreien, die wir hatten befreien wollen." Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurde er von seinen Parteifunktionen entfernt. Nach dem XX. Parteitag der KpdSU 1956, auf dem Chruschtschow in einer Geheimrede zum ersten Mal den Terror Stalins offen gelegt hatte, fuhr Brandt nach Moskau, um sich nach dem Schicksal seiner Geschwister zu erkundigen, die vor 1933 in die Sowjetunion ausgewandert waren. Sein Bruder war der Kommunistenverfolgung Stalins zum Opfer gefallen, seine Schwester war nach Sibirien verbannt worden. Durch die Berichte, die er in Moskau zusammentragen konnte, begriff Brandt, "daß Stalinismus ein Millionen-Mord-Regime gewesen ist, und nicht das, was ich vorher angenommen hatte." Brandt floh deshalb 1958 aus der DDR in die Bundesrepublik.
In der Bundesrepublik begann Brandt als Journalist zu arbeiten, wurde jedoch bereits am 16. Juni 1961 vom DDR-Geheimdienst entführt. Ihm wurde die sofortige Freiheit angeboten, falls er öffentlich erklären würde, er wäre aus Enttäuschung über die Bundesrepublik freiwillig in die DDR zurückgekehrt. Brandt lehnte dies ab und wurde 1962 zu dreizehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Man warf ihm seine Beziehungen zum "Ost-Büro" der SPD vor, dessen Leiter "Neumann" Brandt bereits aus der Weimarer Republik kannte. In Reaktion auf eine internationale Kampagne von "Amnesty International" (AI) wurde er entlassen und durfte in die Bundesrepublik zurückkehren. Er war der erste politische Häftling der DDR, den die Menschenrechtsorganisation aus der Haft befreien konnte. Seit seiner Freilassung 1964 gehörte Brandt zu den wenigen Linken in der Bundesrepublik Deutschland, die sich für die Freilassung von politischen Häftlingen in Osteuropa einsetzten.
Auf seine Initiative hin entstand bereits im Herbst 1980 in der Bundesrepublik die Bewegung "Solidarität mit Solidarnosc", die in vielen Städten der Bundesrepublik Deutschland Geld für die Gewerkschaft Solidarnosc. Brandt dachte wie der Mitbegründer der polnischen Oppositionszeitschrift Biuletyn Informacyjny Blumsztajn, der auf einer Veranstaltung der Komitees "Solidarität mit Solidarnosc" 1982 sagte, man müsse vor allem in Deutschland dafür sorgen, "daß sich die Linke darüber klar wird, daß die Erfüllung der Forderungen der Polen nach Freiheit und Unabhängigkeit den Frieden in Europa nicht nur nicht bedroht, sondern sogar die einzige Garantie
für einen dauerhaften Frieden darstellt.
Diese Haltung setzte sich in der Bundesrepublik vor 1989 nicht durch. Brandts Engagement führte 1968 zum Bruch mit der SPD und 1979 zum Bruch mit den Grünen. Er hatte jedoch Einfluß auf Linke, die weder sozialdemokratisch noch kommunistisch waren.