Ansprache Pilsudskis ein Jahr nach dem Kriegseintritt seiner "polnischen Legion"
Jozef Pilsudski (1867-1935) Ozarow, 5.August 1915 Soldaten! Vor einem Jahr habe ich mit einer kleineren Handvoll schlecht bewaffneter und schlecht ausgerüsteter Leute den Krieg begonnen. Die ganze Welt trat damals zum Kampf an. Ich wollte nicht zulassen, daß in einer Zeit, da man auf dem lebendigen Leib unseres Vaterlandes mit dem Schwert die neuen Grenzen der Staaten und Völker festlegen wollte, nur die Polen fehlten. Ich wollte nicht zulassen, daß auf den Waagschalen, die über unseren Köpfen schwankten, daß auf den Waagschalen, auf welche die Schwerter geworfen wurden, der polnische Säbel fehlte!(...) Soldaten und Waffengefährten! Ein Jahr schwerer Arbeit ist vergangen. So schwere, von so vielen Hindernissen umstellte Arbeit, daß wir uns im Rückblick wundern, warum wir noch leben, warum die heimischen Wälder über uns nicht schon lange das Trauerlied rauschen, über uns, den polnischen Soldaten aus dem großen Krieg 1914 bis 1915. Auch jetzt, nach einem Jahr Krieg, sind wir wie zu Beginn nur Polens kriegerische Vorhut, aber auch seine moralische Vorhut, fähig, alles zu riskieren, wenn das Risiko notwendig ist. Soldaten! Heute, nach einem Jahr Krieg und Arbeit, bin ich traurig, euch nicht zu großen Siegen gratulieren zu können, aber auch stolz, weil ich euch heute mit größerer Ruhe als vor einem Jahr zurufen kann: Jungens! Vorwärts! Zum Tod oder zum Leben, zum Sieg oder zur Niederlage - zieht aus, um durch kriegerische Tat Polen zur Wiederauferstehung zu wecken. JOZEF PILSUDSKI, Kommandant