Ernst Lubitsch hat mehr als 75 Filme, meist Komödien, geschrieben und gedreht. Er repräsentierte den jüdischen Humor, ohne den das Berlin der Zwanziger Jahre nicht zu denken ist.
Ernst Lubitsch ist Sohn des Schneidermeisters und Textilhändlers Simcha (Simon) Lubitsch und der Modedesignerin Anna Lindenstaedt, die für das Modehaus, das sie zusammen betreiben, die Kollektionen entwirft. Der Vater, Sohn polnischer Juden aus Galizien, kam aus Wilna/Vilnius, das seit 1795 russisch war, nach Berlin. Er behielt seine Staatsangehörigkeit
in Deutschland, was seine Söhne, die trotz deutscher Pässe deshalb ebenfalls als Russen gelten, 1914 vor dem Kriegsdienst bewahren wird. Sohn Ernst arbeitet nach einer kaufmännischen Lehre als Buchhalter im väterlichen Geschäft und nimmt Schaupielunterricht. Von 1911 bis 1918 ist er an dem von Max Reinhardt geführten Deutschen
Theater in Berlin engagiert und arbeitet zugleich für den Film. 1914 werden die Komödien "Die Firma heiratet", in dem Lubitsch den aus Posen stammenden Lehrling Moritz Abramowsky spielt, und die Fortsetzung in "Der Stolz der Firma" als Lehrling Siegmund Lachmann, der aus Rawicz/Rawitsch in Polen nach Berlin kommt, ein großer Kinoerfolg. Damit ist Lubitsch - ähnlich wie
der fast gleichaltrige Charly Chaplin in New York - für die nächsten Jahre auf die Figur des armen, tolpatschigen aber doch charmanten, meist jüdischen osteuropäischen Einwanderers festgelegt, der sich in der neuen Welt, hier der Großstadt Berlin, zurechtfinden muß. Ob später als Moritz Rosenthal oder Apfelreis, Sally Pinkus oder Pinner oder Katz oder Meyer, immer ist es der kleine Held, der in feindlicher Umgebung ganz aus eigenen Kräften aufsteigt oder scheitert, und mit dem sich das Publikum, aber auch der Darsteller Lubitsch am meisten identifizieren kann. Er beginnt, Drehbücher für Kurzfilme zu schreiben, die er selbst inszeniert und in denen er zugleich die Hauptrollen spielt. 1917 erhält er einen Vertrag als Regisseur bei der neu gegründeten Universum Film AG (Ufa) in Berlin. Dort entsteht 1918 der große Historienfilm "Madame Dubarry", der 1920 unter dem Titel "Passion" als erste deutsche Produktion nach dem Krieg in New York Premiere feiert.
Das Herkunftsland wird in den Vorankündigungen verschwiegen, es gibt sogar Versuche, den Film als italienische Produktion zu kaschieren. Seinen Riesenerfolg in den USA verdankt das Werk nicht nur seinem so untypischen deutschen Regisseur Ernst Lubitsch, sondern auch der polnischen Hauptdarstellerin Pola Negri. Es folgen
Angebote aus Hollywood, 1923 siedelt Lubitsch in die USA über. 1932 besucht er zum letzten Mal Berlin, 1933 werden seine Filme als "undeutsch" verboten, 1935 wird ihm die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen. Der Mann, der 1928 von sich noch sagen konnte: "Ich bin ein echter Berliner", erhält 1936 einen amerikanischen Pass. Er dreht sehr viele Filme, doch verschlechtert sich die Stimmung nach dem Kriegseintritt der USA. 1942 wird die Politsatire über den Nationalsozialismus "To Be or Not To Be", die später als sein größtes Meisterwerk gelten wird, ein Flop. Der Film spielt in Warschau 1939 kurz vor und nach dem deutschen Einmarsch, Schauplatz der Handlung ist das Teatr Polski, was Lubitsch ermöglicht, die kleinen großen osteuropäischen Helden noch einmal auftreten zu lassen und seine eigenen Anfänge am Theater zu reflektieren. Lubitsch, der 1943 den ersten Herzinfarkt hatte, stirbt 1947 in Hollywood.