Der Jurist, der sich ganz in den Dienst der Machtergreifung gestellt hat und als Generalgouverneur in Polen zum rücksichtslosen Vollstrecker der deutschen Besatzungspolitik wurde, hat seine Rolle in den Nürnberger Prozessen zum Widerstand gegen Hitler und Himmler umgedeutet.
Hans Frank wächst in München bei seinem Vater Karl Frank auf und ergreift wie dieser den Beruf des Rechtsanwaltes. Ebenso wie der Vater, der wegen Betrügereien aus der Münchner Anwaltskammer ausgeschlossen worden war, zeigt auch der Sohn schon früh ein mangelndes Rechtsempfinden und den
Drang, sich an anderen zu bereichern. Als Einstieg in eine zukünftige Karriere bietet sich das Strafrecht an. Die Gelegenheit ergibt sich für den frischverheirateten Referendar 1927, als für den "Gau Berlin" Verteidiger "für arme, erwerbslose Parteimitglieder" gesucht werden. Frank hat Erfolg und wird in kürzester Zeit zum Staranwalt der NSDAP. Bis 1933 tritt er in knapp 2600 Prozessen auf, etwa 150 mal vertritt er Adolf Hitler vor Gericht. Nach der Machtergreifung werden Strafverteidiger für die NSDAP nicht mehr gebraucht, Frank wird bayerischer Justizminister. Da er zugleich "Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz in den Ländern und für die Erneuerung der Rechtsordnung" ist, rationalisiert er sich als Landesminister selbst weg und wird mit der Ende 1934 erfolgten Gleichschaltung auch als Reichskommissar für die Gleichschaltung überflüssig. Frank wird Reichsminister ohne Geschäftsbereich und bekleidet außerdem noch einige repräsentative Parteiämter, hat jedoch
keinen politischen Einfluß. Am 15. September 1939, zwei Wochen nach dem Überfall auf Polen, wird Frank von Hitler zum obersten Chef der Zivilverwaltung der "besetzten ehemals polnischen Gebiete im OB Ost" und am 12. Oktober 1939 zum Generalgouverneur derjenigen besetzten
polnischen Gebiete ernannt, die nicht in das Reich eingegliedert werden. Er ist für den Posten nicht qualifiziert und dennoch wie geschaffen für den Job. Das Generalgouvernement (GG) genannte Territorium sollte explizit kein Rechtsstaat sein, sondern mit undefiniertem staatsrechtlichem Status als eine Art Kolonie der rücksichtslosen Ausbeutung dienen.
Hinzu kam die zu betreibende Volkstumspolitik, die vorsah, mehrere Millionen Polen und Juden aus dem Reich und den dem Reich eingegliederten Gebieten in das GG abzuschieben und durch Zwangsarbeit zu vernichten. Anschließend sollte das GG selbst "germanisiert" werden.
Hans Frank ist derjenige, der diese Politik durch entsprechende Verordnungen umzusetzt und den Völkermord im Generalgouvernement zu einer rein verwaltungstechnischen Angelegenheit macht. Bei seinem Amtsantritt ist die unter der Tarnbezeichnung "Intelligenzaktion" durchgeführte Liquidierung der Führungsschicht und des Bürgertums, der etwa 60 000
Polen zum Opfer fallen werden, noch nicht abgeschlossen. Als "Befriedungsaktionen" werden diese Liquidierungen auf andere Bevölkerungskreise ausgedehnt und während seiner gesamten Amtszeit fortgeführt. Seine Handlungspielräume nutzt er vor allem, um sich und seine Familie an der von ihm
zugunsten des Reiches mit äußerster Härte durchgeführten Ausplünderung des Generalgouvernements maßlos zu bereichern. Seine Raffgier wird reichsbekannt, der Berliner Volksmund dichtet: "Im Westen liegt Frankreich, im Osten wird der Frank reich." Vor den anrückenden Truppen der Roten Armee setzt sich Hans Frank nach Bayern ab, wo er im Mai 1945 von den Amerikanern verhaftet und noch im selben Jahr vor den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg gebracht wird. Die von ihm während seiner Zeit in Polen geführten Diensttagebücher sind das wichtigste Material der Anklage. Zu Beginn des Verfahrens bekennt er sich schuldig nur im Sinne einer allgemeinen kollektiven Mithaftung. In seinem Schlußwort vor der Urteilsverkündung nimmt er das Schuldeingeständnis zurück und rechnet den Völkermord gegen die Vertreibungen auf. Hans Frank wird in den Anklagepunkten 3 (Kriegsverbrechen) und 4 (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) für schuldig befunden und 1. Oktober 1946 zum Tode verurteilt.