Übersicht über die Ereignisse von 1918-1945
11.11.1918
Josef Pilsudski, aus dem Magdeburger Gefängnis kommend, trifft in Warschau ein. Am 11. November wird ihm ohne Befragen der noch amtierenden deutschen Besatzungsmacht vom polnischen Regentschaftsrat der militärische Oberbefehl über die polnische Armee übertragen. Der 11. November wird bis heute als der Tag der Unabhängigkeit Polens gefeiert.
14.11.1918
Am 14. November wird Josef Pilsudski vom polnischen Regentschaftsrat zum Staatsoberhaupt mit diktatorischen Vollmachtenn erhoben. Ihm unterstellt sich die im (österreichischen) Militärgouvernement Lublin gebildete "provisorische Regierung" und die "polnische Liquidierungskommission, die Ende Oktober in Westgalizien die Macht übernommen hatte. Die preußischen Teilgebiete bleiben zunächst außen vor. Auch dort hat sich ein polnischer Volksrat gebildet, geleitet von nationaldemokratischen Abgeordneten, die mit Pilsudski um die Macht konkurrieren.
12.1.1919
Roman Dmowski und Ignaz Paderewski vertreten in der am 12. Januar gebildeten polnischen Delegation die Interessen ihres Landes bei der Friedenskonferenz in Paris. Festlegung der "Curzon-Linie", der polnischen Ostgrenze, die der britische Außenminister George Curzon für die Beilegung des sowjetisch-polnischen Konflikts vorschlägt. Sie verläuft von der Bahnlinie Dünaburg-Wilna- Grodno nach Brest, von dort längs des Bug bis über Krylów, quer durch Galizien über Rawa Ruska nach Przemysl und weiter nach Süden.
1919
Ein von Kriegsminister Reinhardt Mitte Januar gebilligter Aufruf "an die Bewohner Ost- und Westpreußens" bezeichnet die Polen als "Leichenfledderer", die den "gegenwärtigen Schwächezustand des Reiches benutzen, um die blühenden Provinzen des Ostens zu rauben", "niemals in der Geschichte" hätten die Polen sich "staatsbildend gezeigt", "die polnische Kultur mit ihrem weitverbreiteten Analphabetentum" sei "der deutschen weit unterlegen".
1919
Im Februar zieht die Waffenstillstandskommission eine Demarkationslinie durch Posen und Westpreussen, doch beendet das die Grenzkämpfe nur vorübergehend.
25.2.1919
Am 25. Februar überreicht die polnische Delegation der alliierten "Kommission für polnische Angelegenheiten" eine Denkschrift von Roman Dmowski, welche die Angliederung ganz Oberschlesiens, der Provinzen Posen und Westpreußens (einschließlich Danzigs) des südlichen Ostpreußen (Masuren und Ermland) sowie einiger niederschlesischer und ostpommerscher Kreise, insgesamt 84 000 qkm, fordert.
1919
Im Mai werden die Absichten der auf der Pariser Friedenskonferenz tagenden Entente-Staaten, daß Posen und Westpreußen an Polen fallen und Danzig als "Freie Stadt" dem Völkerbund unterstellt werden soll, bekannt. Obwohl das viel weniger ist, als von Polen gefordert, rufen die Pläne einen Sturm der Entrüstung unter den deutschen Annexionisten hervor, die immer noch auf territorialen Zugewinn hoffen.
1919
Aus Veteranen der Reichswehr gebildete Freikorps setzen auf eigenen Faust, doch mit Wissen der Regierung die Grenzkämpfe gegen Polen fort und erklären, daß sie einem Befehl zum Rückzug keine Folge leisten werden.
22.6.1919
Der Versailler Friedensvertrag wird am 22. Juni im deutschen Reichstag und am 23. Juni in der Weimarer Nationalversammlung angenommen, doch kündigt die Regierung zugleich an, "mit allen loyalen Mitteln die Revision dieses Vertrages erstreben zu wollen" und gibt damit für die nächsten Jahre das Stichwort für die Kampfpolitik gegen den "Schandfrieden".
28.6.1919
Der Friedensvertrag wird am 28. Juni in Versailles unterzeichnet. Er bestimmt die Abtretung der Provinz Posen (mit Ausnahme einiger westlicher Kreise) und des größten Teiles von Westpreußen an Polen, insgesamt 43 000 qkm. Danzig wird freie Stadtrepublik und dem Völkerbund unterstellt. Über die endgültige Staatszugehörigkeit der mehrheitlich deutschen bzw. masurischen west- und ostpreußischen Bezirke Marienwerder und Allenstein ebenso wie Oberschlesiens soll eine Volksabstimmung entscheiden, was zur Ursache neuer Grenzkämpfe wird.
10.1.1920
Der Versailler Friedensvertrag tritt am 10. Januar in Kraft. Die "Fesseln von Versailles" zu sprengen, gehört in den Jahren der Weimarer Republik zum Hauptziel deutscher Außenpolitik.
1920
Im Februar besetzen alliierte Truppen Oberschlesien. Die Volksabstimmung unter alliierter Kontrolle soll nun über den Verlauf der neuen Grenze entscheiden, die zu einer Aufteilung des Gebietes zwischen Polen und Deutschland führen wird.
11.7.1920
Bei der ersten Volksabstimmung, die am 11. Juli in den Regierungsbezirken Allenstein und Marienwerder durchgeführt wird, votieren 90% der Wahlberechtigten für Deutschland.
1920
Die polnische Armee unter Führung von Josef Pilsudski, die im Frühjahr bis nach Kiew marschierte, dann aber zum Rückzug gezwungen worden war, sieht sich im Juli der sowjetischen Armee unter Führung Generals Tuchatschewski gegenüber, der sich den Ostgrenzen nähert und den Bestand des polnischen Staates erneut in Frage stellt. Mitte August kommt es jedoch mit französischer Militärhilfe unter Leitung des Generals Maxime Weygand (* 1867, t 1965 )zum "Wunder an der Weichsel". Marschall Pilsudski erzwingt durch eine erfolgreiche Abwehrschlacht vor Warschau die sowjetischen Truppen zum eiligen Rückzug aus Polen.
1921
Die Zweite Polnische Republik verabschiedet eine demokratische Verfassung nach französischem Vorbild.
19.2.1921
Polnisch-französischer Bündnisvertrag. Polen, das den Franzosen schon aus napoleonischen Zeiten freundschaftlich gesonnen ist, schließt mit Frankreich, von dem es bei den Grenzverhandlungen zum Versailler Frieden die größte Unterstützung erhalten hat, am 19. Februar ein Bündnis, das durch ein geheimes Militärabkommen ergänzt wird. Polen wird damit zum ersten und wichtigsten Pfeiler des in der Folgezeit auf die Tschechoslawakei und Rumänien ausgedehnten französischen Bündnissystems in Osteuropa.
18.3.1921
Der Friedensvertrag von Riga vom 18. März legt die polnische Ostgrenze fest, die über die Curzon-Linie hinausgeht, aber nicht die Grenze von 1772 erreicht. Ostgalizien und Wolhynien mit seiner mehrheitlich ukrainischen und ruthenischen Bevölkerung werden polnisch. Die territorialen Zugewinne reichen jedoch nicht aus, um ein polnisch-litauisch-ukrainisches Großreich zu bilden, sondern belasten den polnischen Staat in den Folgejahren mit einem Nationalitätenproblem.