Übersicht über die Ereignisse von 1763-1918
1764
Bündnis zwischen Friedrich II. und Katharina II. Der Preußenkönig verpflichtet sich zur Unterstützung der Wahl Stanislaw August Poniatowskis, einem Günstling der Zarin, der im Einvernehmen mit der Magnatenfamilie Czartoryski gegen die Wünsche Österreichs und den von der Potocki-Partei favorisierten Kandidaten aufgestellt werden sollte. Er sagt ein preußisches Truppenaufgebot für den Fall zu, daß sich Österreich in Polen einmischt. In den Vertragsverhandlungen sprechen sich beide Seite gegen innere Reformen in Polen und für die Beibehaltung des Liberum veto und des Wahlkönigtums aus, um mit dem Status quo die Schwäche der Adelsrepublik und für sich die größten Einflußmöglichkeiten zu sichern.
1764
Nach fast einem Jahr ohne König wird Stanislaw II. August Poniatowski auf den Thron gewählt. Er wird der letzte polnische König sein.
1767
Gegen den Willen Katharinas II., doch im Einvernehmen mit der Magnatenfamilie Czartoryski versucht Stanislaw II. August Poniatowski eine eigene Politik mit dem Ziel einer Reform der Königswahl und der Abschaffung des Vetorechts zu machen.
1767
Aus Protest gegen die russische Bevormundung lehnt der Reichstag den Antrag des russsichen gesandten Repnin ab, die Dissidenten den Katholiken gleichzustellen.
1767
Erneuter Bündnisvertrag zwischen Friedrich II. und Katharina II., der für Preußen im Falle einer gegen österreichische Einmischung gerichteten Intervention seiner Truppen in Polen eine nicht näher bestimmte Aufwandsentschädigung vorsieht, wobei offenbar an polnisches Gebiet gedacht ist.
1768
Katharina II. erzwingt mit Waffengewalt die Deportation der widerspenstigen Bischöfe und anderer Oppositioneller nach Sibirien. Die vor allem aus russischen Truppen gebildete "Generalkonföderation von Radom" ("Republikanische Konföderation der Königsgegner und Reformfeinde") umstellt mit 40.000 Mann den Reichstag und erzwingt so, daß dieser den "Ewigen Vertrag" zwischen Rußland und Polen annimmt, der die Beibehaltung des "liberum veto", freie Königswahl und Gleichstellung der Dissidenten garantiert.
1768
Gegen die erzwungenen Reichstagsbeschlüsse schließt sich am 29. Februar in der Ortschaft Bar in Podolien zum ersten Mal ein Militärbündnis des polnischen Adels zusammen, die "Konföderation von Bar" unter Führung des Bischofs Michal Krasinski. Mit ihrem Wahlspruch "Glaube und Freiheit" trat die Konföderation, unterstützt von Österreich (Maria Theresia) und Frankreich, gegen den russischen Einfluss auf und wollte die katholische und die polnisch republikanische Tradition stärken. In der Folge kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den polnischen Auftsändischen und russischen Truppen, die Türkei erklärt Rußland den Krieg.
1769
Als Ausweg aus dem Interessenkonflikt zwischen Rußland, Österreich und Preußen schlägt Friedrich II. in Petersburg zum ersten Mal eine Teilung Polens vor, das sog. "Lynnarsche Projekt".
1770
Im Sommer dehnt Österreich die Besetzung ehemals an Polen verpfändeter Städte in der Zips mit dem Argument alter ungarischer Ansprüche auf benachbarte polnische Gebiete aus, womit faktisch ein erster Schritt zur Teilung Polens vollzogen ist.
1771
Die russischen Erfolge im Türkenkrieg veranlassen Österreich, mit der Pforte ein Bündnis zu schließen, das Rußland an der Gewinnung von Moldau und Walachei hindern soll. Friedrich II. schickt Prinz Heinrich nach Petersburg, um dort den Teilungsplan vorzutragen. "Polnisch-Preußen würde die Mühe lohnen, selbst wenn Danzig nicht inbegriffen wäre. Denn wir hätten die Weichsel und die freie Verbindung mit dem Königreiche, was eine wichtige Sache sein würde."
1771
Maria Theresia lehnt die Teilungspläne zunächst ab und wäre sogar bereit, die Zipser Städte wieder herauszugeben, kann sich aber gegen ihren Sohn und Mitregenten Joseph II. nicht durchsetzen.
2.8.1772
Es folgt am 2. August der Teilungsvertrag, dem auch Österreich beitritt. Rußland erhält die Gebiete bis zur Düna und zum Dnjepr, fast 110 000 qkm; Preußen gewinnt Westpreußen ohne Danzig und Thorn, das Bistum Ermland und den Netzedistrikt, rund 35 000 qkm; Österreich bekommt Ostgalizien und Lodomerien (Rotrußland), rund 70000 qkm. Polen verliert ein Drittel seines Gebiets und etwa die Hälfte seiner Bevölkerung.
1772
Die Initiative zur Teilung war von Friedrich II. ausgegangen und Preußen galt auch als der Hauptgewinner der Teilung. Durch die nun hergestellte Landverbindung zwischen dem preussischen Kronland und dem reichsdeutschen Besitz können sich die Hohenzollern erstmals "Könige von Preussen" (statt wie bisher "Könige in Preußen") nennen.
1772
Während jedoch dem Preußenkönig noch bewußt ist, daß die vorgeschobenen rechtlichen Argumente für die Teilung einer Überprüfung nicht standhalten könnten ("Wir wollen für die Gültigkeit unserer Rechte nicht einstehen, auch nicht für die der russischen, noch weniger für die der österreichischen"), neigen spätere deutsche Geschichtsbücher dazu, das einverleibte Westpreußen als schon immer deutsches Gebiet zu betrachten, das Friedrich der Große demnach nur zurückgeholt hätte.
1773
Nachdem sich die Preußen, Rußland und Österreich noch zusätzliche Gebiete durch militärische Okkupation einverleibt haben, der polnische Reichstag durch Bestechung und militärische Präsenz gefügig gemacht wurde, anerkennt eine abgesandte polnische Adelsdelegation den Teilungsvertrag förmlich durch Unterschrift.
1773
In den vom polnischen König Stanislaw II. geförderten Reformplänen der Folgezeit verbinden sich Ideen der Aufklärung mit einem patriotischem Widerstand gegen die Teilungsmächte. Es wird die Edukationskommission gegründet, die bis 1791 existierte und als das erste Unterrichtsministerium Europas bezeichnet werden kann. Sie finanzierte sich hauptsächlich aus dem Vermögen des aufgehobenen Jesuitenordens und sah ihren Zweck in der Volksbildung.
1786
Friedrich II. stirbt, sein Neffe Friedrich Wilhelm II. besteigt den preußischen Königsthron.
1787
Rußland wird in einen neuen Krieg mit der Türkei verwickelt, dem Österreich unter Joseph II. beitritt. Katharina II. erwägt die Aufstellung eines polnischen Heeres zur Unterstützung gegen die Türken, wovon sich König Stanislaw II. im Gegenzug größere Freiheiten zur Reform der polnischen Verfassung verspricht.
1790
Stattdessen kommt es im März zu einem Bündnisvertrag mit Preußen, das den Polen nicht nur Unterstützung gegen die russische Hegemonie verspricht, die polnische Verfassungsreform toleriert, die Vergrößerung des polnischen Heeres akzeptiert, sondern auch noch die Rückgewinnung Galiziens von Österreich in Aussicht stellt und für die territoriale Integrität Polens garantieren will.