Jozef Pisudski war der Mann an der Spitze des wiedererstehenden Polen. Nach der Errichtung der Unabhängigkeit erlangt er 1926 erneut die Macht durch einen Staatsstreich und errichtet ein autoritäres Regime, das bis zu seinem Tod anhält.
Jozef Pilsudski wird am 5. Dezember 1867 als Sohn einer verarmten Adelsfamilie in Litauen geboren und wächst in der Tradition der alten „multikulturellen“ Vielvölkerrepublik auf. Er studiert Medizin an der Universität Charkow in der Ukraine, wird nach der Beteiligung seines Bruders an einem
Attentatversuch auf Zar Alexander III. verhaftet und zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt, von denen er zwei Jahre in Ostsibirien absitzt. Diese Erfahrungen entfachen sein Engagement für die polnische Politik und bringen ihn in Kontakt mit den Ideen des Sozialismus, den Pilsudski jedoch dem Wunsch nach einer Wiederherstellung des polnischen Staates unterordnet. Nach Reisen durch Westeuropa kehrt er 1893 nach Polen zurück und gründet die Polnische Sozialistische Partei (PPS), deren Vorsitzender er wird. Daneben verschafft er sich als Herausgeber der verbotenen Zeitung „Robotnik“ (Der Arbeiter) und als unermüdlicher Kämpfer des revolutionären Untergrunds rasch Geltung. Im Jahr 1900 gelingt es ihm nach erneuter Verhaftung nach Galizien zu fliehen und sich von hier aus für die polnische Unabhängigkeit einzusetzen. In diesem Bemühen setzt Jozef Pilsudski in erster Linie auf die unterjochten Völker Rußlands. An der Revolution von
1905 beteiligt er sich als Führer einer Kampfgruppe der PPS, die maßgeblich für eine Reihe von Sabotageakten verantwortlich ist und eine Welle von Streiks und terroristischen Zwischenfällen auslöst. Nachdem Japan die Unterstützung seiner Politik verweigert, setzt der Parteichef auf die Hilfe von Preußen und Österreich-Ungarn, um zunächst die
russische Besatzungsmacht abzuschütteln. In der Zeit des Ersten Weltkrieges führt Jozef Pilsudski die 1. Brigade der Polnischen Legion unter österreichischem Oberbefehl und wird nach der Proklamation eines polnischen Königreiches unter der Kontrolle der Mittelmächte zum Mitglied des Staatsrates ernannt. In dieser Position fordert er die vollständige Unabhängigkeit Polens und wird für diese Forderungen im Dezember 1916 von der preußischen Polizei verhaftet und zu drei Jahren Festungshaft in Magdeburg verurteilt. Nach der Beendigung des Krieges wird er vorzeitig entlassen und bei seiner Rückkehr nach Warschau im November 1918 als Held der polnischen Unabhängigkeit gefeiert. Pilsudski übernimmt zunächst kommissarisch die Militär- und Staatsgewalt im neuen polnischen Staat und wird bei Parlamentswahlen im Februar 1919 in seinem Amt bestätigt. 1920 erhält er den Titel „Marschall von Polen“. In seiner neuen Position verfolgt Jozef
Pilsudski im Gegensatz zu seinem politischen Widersacher Roman Dmowski den Plan, die alte polnisch-litauische Föderation wiederherzustellen und einen Pufferraum gegen die Sowjetunion zu schaffen. Dieser Wunsch führt zur militärischen Auseinandersetzungen mit den sowjetischen Truppen, in der eine Katastrophe für die polnische Armee nur durch ein
„Wunder an der Weichsel“ verhindert werden kann. 1923 zieht sich Pilsudski, zermürbt von den parlamentarischen Auseinandersetzungen, von der politischen Bühne zurück, auf die er erst 1926 mit einem Staatsstreich zurückkehrt. Gestützt auf die Loyalität der Armee und sein hohes Ansehen in der Bevölkerung errichtet er im Mai 1926 eine „moralische Diktatur“, tritt jedoch nicht wieder in die PPS ein und hat nur für kurze Zeit das Amt des Premierministers inne. Als Verteidigungsminister und Generalinspekteur der Streitkräfte übt er die tatsächliche Staatsgewalt im Land aus. Nach der Machtergreifung Hitlers bemüht er sich, den Kurs der politischen und militärischen Anerkennung Polens fortzuführen und die Sicherheit seines Landes durch einen Nicht-Angriffs-Pakt mit dem nationalsozialistischen Deutschland zu gewährleisten. Den Bruch dieses Paktes erlebt Jozef Pilsudski nicht mehr, da er am 12. Mai 1935 an Magenkrebs verstirbt.