Göring war gegen den Krieg mit Polen, da er die persönlichen Konsequenzen einer Niederlage fürchtete. Als Wirtschaftsdiktator trug er einen Großteil der Verantwortung für die Zwangsarbeit. Aus Zweckrationalismus bremste er in einigen Fällen die radikale Polenpolitik Heinrich Himmlers.
Hermann Göring hatte die Politik des Dritten Reiches, Polen als Vasallen gegen die Sowjetunion zu gewinnen mitgetragen. Der in einer Vielzahl von Kompetenzenan wichtigen Entwicklungen und zahlreichen Verbrechen des Dritten Reiches beteiligte Göring wollte nach dem Umschwung im
März 1939 den Krieg gegen Polen verhindern, da er schwerwiegende Konsequenzen aus einem Konflikt mit den Westmächten voraussah und dabei nicht zuletzt den Verlust seiner Privilegien und Reichtümer befürchtete. Keineswegs ging es ihm um den Frieden als solchen oder gar um Polen, denn auch im Falle Polens wurde er zum Täter. Nach Ende des Polenfeldzuges wollte er weitgehende
Annexionen und teilte die Auffassung Hitlers, daß das Generalgouvernement als Reservoir für Arbeitssklaven dienen solle. Als Beauftragter für den Vierjahresplan trug er einen großen Teil der Verantwortung für die massenhafte Deportation und Zwangsarbeit von Polen. Trotz seiner Verantwortung für an Polen begangene Verbrechen bremste er zu Beginn des Krieges in einigen Fällen die Radikalisierung der auf Vernichtung und Ausbeutung zielenden nationalsozialistischen Polenpolitik. Dabei motivierte ihn sein Zweckrationalismus, der gegenüber seiner im Vergleich zu anderen Spitzennazis weniger fanatischen ideologischen Überzeugung, das Übergewicht zu halten vermochte. Als nach der Beendigung der Militärverwaltung Ende Oktober 1939 der Terror noch ungehinderter über die Polen in den annektierten Gebieten hereinbrach, anerkannte Göring, „daß ungeheure Mißstände in den bezeichneten Gebieten vorliegen, die sich zu einer Gefahr für das Deutsche Reich entwickeln.“ In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ministerrates
für die Reichsverteidigung zitierte er daraufhin Heinrich Himmler zu sich und unterbreitete diesem die bei ihm aufgelaufenen Beschwerden. Im weiteren Verlauf des Krieges verlor er erheblich an Macht. Ob er dann noch einen mäßigenden Einfluß auf die Polenpolitik hätte nehmen wollen oder können, bleibt dahingestellt.