Reinhard Heydrich, Beamter

weihnachtlichen Krippenspielen die "Maria" darstellt. Erst auf dem Gymnasium beginnt er, systematisch Sport zu treiben, vor allem Fechten, Segeln und Reiten. 1918 schließt er sich verschiedenen Freikorps an, 1921 der Deutschen Völkischen Jungenschaft. Nach dem Abitur tritt er 1922 als Seekadett seine Ausbildung bei der Marine in Kiel an, die 1926 mit der Ernennung zum Leutnant endet. Es folgt die Ausbildung zum Funkoffizier und 1928 die Beförderung zum Oberleutnant. Seine vielversprechende Karriere wird jedoch im April 1931 vom Ehrenrat der Marine unter Vorsitz des Admirals Erich Raeder wegen einer nichteingelösten Verlobung mit der Folge seiner unehrenhaften Entlassung beendet.
Der rassisch-völkisch geschulte Heydrich tritt noch im Sommer 1931 in die NSDAP und die SS ein. Im Auftrag Himmlers konzipiert Heydrich den Sicherheitsdienst (SD), den er ab Juli 1932 leitet. Aufgabe des SD ist die Überwachung der Bevölkerung und die

frühzeitige Erkennung oppositioneller Strömungen auch innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung. Nach der Machtergreifung wird Heydrich zudem die Führung der politischen Polizei in den einzelnen Ländern übertragen, angefangen von Bayern im März 1933 bis zu Preußen im April 1934, die 1936 reichsweit zur Geheimen Staatspolizei (Gestapo) zusammengefaßt werden. Die Gestapo ist für die Bekämpfung jener Gegner zuständig, die der SD vorher ermittelt hat. Daß Heydrich beide Institutionen leitet, gibt ihm freie Hand, unter Umgehung der Justiz und mithilfe der Konzentrationslager ein weitreichendes Terrorsystem zu etablieren. Heydrich ist für die unmittelbar nach der Machtergreifung einsetzenden Säuberungen unter politischen Gegnern zuständig und kann dazu auf seine vorbereiteten Listen zurückgreifen. Ihm steht außerdem ein Netz von 30 000 V-Leuten und ein Heer von Denunzianten zur Verfügung. Seine eigentliche Begabung ist jedoch,

mithilfe des SD falsche Nachrichten zu produzieren, die das öffentlichkeitswirksame Argument für ein hartes Durchgreifen liefern. Er beschafft 1934 das belastende Material gegen Ernst Röhm, das den Weg zum Mord an dem SA-Führer freimacht. Am 9. November 1938 sehen wir ihn in einem Telegramm betreffend "Maßnahmen gegen Juden in der heutigen Nacht" letzte Anweisungen für die später "Reichskristallnacht" genannte Inszenierung der Nationalsozialisten geben. Was ist beim bevorstehenden Brand der Synagogen zu beachten? Dürfen die Wohnungen und Geschäfte von Juden nur zerstört oder auch geplündert werden? Wie soll sich die Polizei gegenüber den Opfern dieser als "Demonstration" getarnten Ausschreitungen, den Juden, verhalten? Seine folgenreichste Falschmeldung ist am 31. August 1939 der Überfall auf den Sender Gleiwitz/ Glivice, der einen polnischen Übergriff auf deutsches Gebiet vortäuscht und den Vorwand liefert, am nächsten Tag die

militärische Offensive gegen Polen und damit den Zweiten Weltkrieg zu beginnen. Gestapo, Kriminalpolizei und SD sind nun im neu geschaffenen Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zusammengefaßt, dessen Chef Reinhard Heydrich ist. Ihm unterstehen die aus SS, SD und Sicherheitspolizei zusammengesetzten Kommandos, die in den besetzten Gebieten hinter der Wehrmacht gehend die polnische Intelligenz liquidieren. Der RSHA ist außerdem in so hohem Maße an der Verfolgung der Juden beteiligt, daß Heydrich im Juli 1941 mit der Organisation der "Endlösung der Judenfrage" beauftragt wird. Zu diesem Zweck ruft er im Januar 1942 in Berlin die sogenannte Wannsee-Konferenz ein, bei der die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen europaweit koordiniert wird.
Seit 29. September 1941 ist Reinhard Heydrich stellvertretender Statthalter für das als "Protektorat Böhmen und Mähren" bezeichnete Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei. Am 27. Mai 1942 gelingt dem

tschechischen militärischen Widerstand in Prag ein Attentat, an dessen Folgen er am 4. Juni stirbt.

Adolf Eichmann