Hallstein-Doktrin

1955-69 hielt Bonn an der selbstgewählten Auflage fest, die DDR zu isolieren, indem alle Staaten, die sie anerkannten, von Bonn abgestraft wurden.

Maxime der Bonner Außenpolitik

Mit der Wiedergewinnung ihrer formalen Souveränität 1954 erhielt die Regierung Adenauer die Möglichkeit, Außenpolitik im eigentlichen Sinne zu betreiben. Im September 1955 reiste Adenauer nach Moskau und erreichte dort die Freilassung der sog. Spätheimkehrer aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft sowie einen Botschafteraustausch zwischen den beiden Ländern. Damit hatte die Bundesrepublik erstmals diplomatische Beziehungen zu einem Land aufgenommen, das die DDR anerkannte. So stellte sich die Frage, welche Konsequenzen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Staaten, die die DDR anerkannten, für den rechtlichen, politischen und moralischen Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik haben würde. Bereits auf dem Rückflug von Moskau begann die Ausarbeitung der Denkschrift, welche die nach dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Walter Hallstein, benannte Hallstein-Doktrin begründete. Sie besagte im Kern, daß jede Intensivierung der Beziehungen zu Ost- Berlin als unfreundlicher Akt aufgefaßt und von Bonn in abgestuften Schritten bis hin zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen beantwortet werden müsse. Schon von den Zeitgenossen wurde kritisiert, daß sie die Spaltung Deutschlands vertiefe und die Bundesrepublik erpressbar mache. An dieser Doktrin hielt die Bonner Außenpolitik bis zum Beginn der Neuen Ostpolitik Ende der sechziger Jahre fest und verweigerte sich so die Möglichkeit zu realistischen, flexibleren Politik gegenüber der DDR und dem Ostblock. Die Ziele, die DDR zu isoliern und die Sowjetunion so zu einer Änderung ihrer Politik gegenüber einem ungeliebten Vasallen zu bewegen, erreichte die Hallstein-Doktrin nicht.