Willy Brandts Kniefall in Warschau fiel in eine Zeit, in der - anders als in den 50er Jahren - eine Mehrheit der Deutschen eingesehen hatte, dass die Anerkennung der deutsch-polnischen Grenze an Oder und Neiße notwendig war. In den 50er Jahren hatte es noch Meinungsumfragen gegeben, etwa 1955, denenzufolge Zweidrittel der Befragten es ablehnten, auf Ostpreußen, Pommern und Schlesien zu verzichten, um so vielleicht zur Wiedervereinigung Deutschlands in den Grenzen von 1945 zu gelangen. Erst in den 60er Jahren verschoben sich die Gewichte. 1970, als Willy Brandt und Walter Scheel den Warschauer Vertrag unterzeichneten, gaben noch 25 Prozent der Befragten an, dass das die Bundesregierung nicht tun dürfe. Willy Brandt hat damals von Warschau aus in einer Fernseherklärung den Deutschen versichert, dass das, was die deutsche Bundesregierung da unterzeichnet habe, das gäbe sie nicht preis. Das sei verloren worden, längst verloren worden durch ein verbrecherisches Regime, das der Nationalsozialisten. Der Kniefall von Warschau bewegte die ganze Welt. Weil ein Politiker, der selbst keine Schuld auf sich geladen hatte in der Zeit des Dritten Reichs, die deutsche Schuld gegenüber Polen und Juden auf sich nahm, in dieser Geste der Demut ausdrückte: Das Deutschland der Bundesrepublik war ein anderes als das Deutschland Hitlers. Ein Deutschland, das aus der Geschichte gelernt hatte.