Zitat

Deutsche & Polen

Die Deutschen, Versailles und die polnische Grenze

Heinrich-August Winkler
Biografie

In Deutschland hat man die Kriegsschuldfrage von 1914 weitgehend verdrängt auf die allierte These von der deutschen, bzw. der deutsch-österreichischen Schuld am Ersten Weltkrieg. Daraus wurde in Deutschland bald eine Kriegsunschuldlegende. Vor diesem Hintergrund wurde der Vertrag von Versailles als schreiendes Unrecht, als Demütigung empfunden. Das ließ man vor allem an Polen aus, das viel schwächer war als Frankreich. Frankreich gegenüber gab es Verständigung, auch die Anerkennung der bestehenden Grenzen. Das war das wesentlichste Ergebnis des von Stresemann vorangetriebenen Vertragswerks von Locarno 1925. In Bezug auf die deutsche Ostgrenze verständigte man sich lediglich auf Schiedsgerichtsverfahren mit Polen und der Tschechoslowakei. Das war keine Grenzanerkennung vergleichbar mit dem, was man im Westen tat. Da war an der Beständigkeit der deutsch-französischen und der deutsch-belgischen Grenze nicht zu deuteln. Das war der offizielle Standpunkt des Reiches, aber das galt eben nur in Richtung Westen.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Heinrich-August Winkler, Historiker, Humboldt-Universität Berlin"
ORB, 2002

Fenster schließen