Zitat

Deutsche & Polen

Die Weimarer Republik und Polen

Heinrich-August Winkler
Biografie

Die deutschen Vorurteile gegenüber Polen nahmen in der Weimarer Zeit nicht ab. Das Gefühl, den Polen kulturell überlegen zu sein, das war in Deutschland weit verbreitet. Ein Gefühl der Schuld, der Verantwortlichkeit für die Teilung Polens gab es kaum. Die Polenfreundschaft, die es im Vormärz, also im frühen 19. Jahrhundert einmal gegeben hatte, gehörte spätestens seit 1848 der Vergangenheit an. Deutscher und polnischer Nationalismus prallten aufeinander. Es ist auch richtig, dass die Rechte der Minderheiten in Polen nicht hoch im Kurs standen. Polen wollte ein Nationalstaat sein und da gab es zum Teil auch berechtigte Gründe für die Rechte der deutschen Minderheit einzutreten. Aber das war eben immer mit dem Vorsatz verbunden, den polnischen Staat möglichst so zu reduzieren, dass er nicht mehr lebensfähig gewesen wäre. Manche gingen sehr viel weiter, bis hinein in die Weimarer Parteien. Der Reichskanzler Joseph Wirth, der maßgeblich am deutsch-sowjetischen Vertrag von Rapallo beteiligt war, stimmte völlig mit dem Chef der Heeresleitung, General von Seeckt überein. Beide wollten Polen beseitigen und die deutsch-russische Grenze von 1914 wiederherstellen.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Heinrich-August Winkler, Historiker, Humboldt-Universität Berlin"
ORB, 2002

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