Am 3. September wollten wir um 10.00 Uhr zum Gottesdienst in die Kirche gehen. Wir liefen durch die Hauptstraße von Bydgoszcz. Plötzlich sahen wir polnische Einheiten, teilweise auf ihren Pferden, mit Geschützen, fluchtartig durch die Stadt ziehen. Und es gab Schießereien. Wir riefen: “Sind die Deutschen schon so nahe?“ “Ja, ja!“ Sie flohen durch die Hauptstraße, die Danziger Straße. Wir bemerkten, dass von verschiedenen Seiten Schüsse kamen, dass aus den Fenstern geschossen wurde, aus Gebäuden. Wir haben Unterschlupf in einem Haus gesucht, sind in einen Flur gegangen, damit wir nicht erschossen werden. Da kam auch die Nachricht, dass England und Frankreich den Krieg erklärt haben. Wir wagten uns nicht raus zugehen. Die polnischen Einheiten sind fluchtartig durchgezogen. Später erschien ein kleiner Wagen mit Soldaten und einem Maschinengewehr. Die Einwohner der Stadt, die sich mit uns in diesem Flur versteckt hatten, riefen: “Wieso schützt ihr uns nicht? Ihr müsst uns helfen!“ Sie sagten nur: “Wir haben wichtigere Aufgaben. Ihr müsst euch selbst wehren.“ Mit ihrem Maschinengewehr sind sie durch die Straße gezogen und haben das Kommando “Alle Fenster schließen!“ gegeben. Wo das Fenster geöffnet war, wurde geschossen. Nach einiger Zeit wollten wir raus, wir waren hungrig. An den Hauswänden entlang schlichen wir uns nach Hause. An diesem Sonntag, den 3. September, waren wir dann nur in der Wohnung. Auf einem Hof gegenüber von uns wurde dauernd geschossen. Wir als Fremde und auch die Einwohner unseres Hauses wagten sich nicht dorthin, wo geschossen wurde. Mein Kamerad und ich haben die Matratzen aus den Betten geholt und vor die Fenster gestellt. Das sollte uns vor eventuellen Kugeln schützen. So haben wir die Nacht vom 3. zum 4. September verbracht. Am 4. September wurden in einer Kaserne Waffen an die Bevölkerung ausgegeben, meistens an junge polnische Pfadfinder. Ich hatte keine Ahnung von Waffen, habe mich nie dafür interessiert. Aber mein Freund hat gesagt: “Mensch, das sind ja Gewehre von 1870/71 und die Patronen werden wohl gar nicht dazu passen!“ Die Pfadfinder haben sich weiß-rote Binden übergestreift und sind durch die Stadt marschiert.