Zitat

Deutsche & Polen

Kindheit als Pole in der Freien Stadt Danzig

Leon Leondzin
Biografie

als Polen 125 Jahre nicht bestand, hat sich vieles geändert. Viele hatten polnische Namen unter den Klingeln, aber sie fühlten sich als Deutsche. Aber ein großer Teil, ungefähr zehn Prozent, hat sich weiter für Polen erklärt. Wir waren Danziger Staatsbürger, hatten generell die dieselben Rechte. Amtssprache in dem Gebiet der Freien Stadt Danzig war Deutsch. Aber die polnische Sprache war auch anerkannt und man konnte sie z. B. vor Gericht und auf dem Amt auch benutzen. Aber generell waren die Straßennamen deutsch klingend. Wir wohnten in der Plankengasse. Dort hatten die meisten Nachbarn deutsche Familien, also auch deutsche Kinder. Nun besuchten wir im Haus, zusammen mit meinem Bruder und später auch mit meiner Schwester, die polnischen Schulen und nicht die nahegelegene deutsche Schule. Also wussten die deutschen Spielkameraden aus der Straße, dass wir keine Deutschen sind. Weil wir doch nicht in die Schule gehen wie sie, in die nahegelegene deutsche Schule. Sie wussten ganz bestimmt, dass wir Polen sind. Vielleicht haben wir auch manchmal fehlerhaft deutsch gesprochen. Aber generell kannten wir beide Sprachen gut. Dass wir uns der Nationalität nach unterschieden haben, kam fast gar nicht zum Vorschein. Wir haben zusammen gespielt, wir haben zusammen Scherze gemacht, haben weiß nicht was gemacht. Ich hatte gute Freunde, mein Bruder auch. Das änderte sich mit der Zeit, als die Nazis mehr und mehr Einfluss auf das Leben in Danzig gewonnen haben.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Leon Leonzin, Danziger Pole"
ORB, 2002

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