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Deutsche & Polen

Vorläufige Rückkehr

Hildegard Kittel
Biografie

Wir sahen schon vorher - Altschliesa liegt 20 km südlich von Breslau, dass dort Kampffhandlungen gewesen sein müssen. Aber so kaputt wie unser Dorf waren die anderen kaum. Es war zu 80 % zerstört. Ich habe noch nie Ruinen gesehen. Als wir noch zu Hause waren, wurde Breslau nicht bombardiert. Es waren die ersten Ruinen meines Lebens, die ich auf dieser Heimfahrt gesehen habe. Von unserer Schule standen nur noch die Giebel, sie streckte die Giebel anklagend in den Himmel. Es war grauenvoll. Gegenüber war der Bauernhof und die Gastwirtschaft meiner Großeltern. Meine Mutter weinte, als sie das gesehen hat. Das war alles kaputt. Wir sind am ersten Abend auch nicht nach Hause gefahren. Wir sind im Domenium geblieben, in der Scheune, und haben dort übernachtet. In dem Dorf war auf einem Haus ein kleines Russenkommando. Die haben uns von weitem mit Ferngläsern beobachtet. Aber sie haben nichts gemacht. Nur in der Nacht, als wir in der Scheune im Domenium waren, kamen sie und haben uns - fünf Kühe hatten wir noch - wieder eine weggenommen. Aber weiter nichts. Am nächsten Morgen sahen wir, dass während der Kampfhandlungen Matsch gewesen sein muss. Sie hatten die Möbel aus den Häusern, die Scheunen- und die Hoftore auf die Straße geschmissen. Damit ihre Panzer nicht im Morast versinken. Wir sind über die Dorfstraße: Links und rechts lag totes Vieh, auch tote Soldaten, nur deutsche Soldaten. Die Russen hatten ihre eigenen wohl schon begraben. Als wir vor unserem Haus standen, das war eine Freude. Unser Wohnhaus war nur von einem Einschuss betroffen. Es stand noch, hatte ein Riesenloch im Dach und in der Mauer. Aber es stand, es war auch nicht ausgebrannt. Die Scheune hatte auch nur einen Einschuss. Da waren wir natürlich froh. Drei Höfe im ganzen Dorf waren nicht kaputt: unserer, unser Nachbarhof und der hinter uns. In allen anderen Höfen war mindestens entweder das Wohnhaus oder die Scheune abgebrannt.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Hildegard Kittel, Vertriebene"
ORB, 2002

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