Am ersten Tag nach dem Mauerfall war ich mit einem Freund unterwegs, der 1961 aus der DDR nach Westberlin gekommen ist. Wir haben beide beinahe geweint, als wir die Menschen sahen, die zum ersten Mal nach Westberlin kommen konnten. Sie haben auch geweint und sahen aus wie die Polen. Sie haben dieselben Klamotten getragen und haben sich auch so ähnlich bewegt, so unsicher, so ein bisschen komisch. Wir dachten: Es ist doch schön. Ich hatte natürlich meine Ängste: Was bedeutet für Polen, für Europa, ein wiedervereinigtes Land, so ein großes Land wie Deutschland? Dann kam die Bestätigung... Am zweiten Tag war ich mit einem Mikrofon am Grenzübergang in Kreuzberg und habe 50 DDR-Deutsche befragt, ob sie die Wiedervereinigung wollen oder nicht. 48 haben gesagt: Wieso? Wozu? Später, ein paar Wochen später war die Stimmung ganz anders. Das hat die Politik gemacht. Und diese Politik hat, glaube ich, nicht nur mich beunruhigt. Anfänglich gab es eine positve Haltung dazu. Die Polen hatten es verstanden. Warum sollten nur sie anders leben und die Ostdeutschen nicht? Auch die Ostdeutschen haben das Recht so zu leben wie sie wollen. Das bedeutete Vereinigung oder Wiedervereinigung. Gut, Vereinigung. Wiedervereinigung ist etwas anderes, Erinnerungen an das Dritte Reich werden wach. Helmut Kohl hat sich lange geweigert eine eindeutige Aussage zum Thema Anerkennenung der Oder-Neiße-Grenze zu machen. Das war idiotisch und grausam. Und Küsschen hier und Bärchen da mit dem Mazowiecki hat auch nicht viel gebracht. Trotzdem gilt Helmut Kohl unter den einfachen Menschen in Polen als der gute Deutsche.