Zitat

Deutsche & Polen

Die SPD und das Kriegsrecht

Wojciech Jaruzelski
Biografie

Ich möchte vor allem über die westdeutschen Politiker damaliger Zeit mit großer Hochachtung sprechen, die mit großem Gefühl für Realismus, damalige Situation beurteilt haben. Man kann sagen, dass sie wegen der Umstände, zwei Seelen haben mussten – und um bildlich das zu erläutern – weil einerseits haben sie sich bestimmt mit all dem solidarisiert, was die Opposition, „Solidarnosc“, in Polen verkörpert hatte, also Streben nach der Demokratie, anderseits fühlten sich für Stabilität in Europa – auch selbstverständlich in Polen, verantwortlich. Und dass man in der Realität damaliger Zeit auch realistisch handeln soll. Es wurde mir das Vorgehen vom Kanzler Helmut Schmidt bekannt - den ich sehr achte – der den Journalisten am 13. Dezember auf die Frage nach der Bewertung der Einführung des Kriegzustandes geantwortet hat: Ich zitiere diese Worte, weil ich sie fest in Erinnerung habe. „Ich bedauere, dass es notwendig geworden ist“. Es ist eine ausgezeichnete Synthese. Sozusagen die Umkehrung, die Paraphrase unseres Spruches, der Bezeichnung „das kleinere Übel“. Gleichzeitig war für die Politik der westdeutschen Regierung und der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland damaliger Zeit charakteristisch, dass sie einerseits sehr humanitär war, sehr menschlich – das hat sich in großen Mengen der Pakete und verschiedenen anderen Formen der Hilfe ausgedrückt, Hilfe für Polen, die sich in sehr schwerer materieller Situation befunden haben – und andererseits war das realistische Politik, die zwar kritisch in allgemeinen Sachen den Führungskräften in damaligem Polen gegenüber war, aber im Fall der Einführung der Kriegzustandes hat das mit Verständnis für diesen dramatischen, obwohl notwendigen Akt betrachtet.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Wojciech Jaruzelski, ehemaliger Staats- und Parteichef Polens"
ORB, 2002

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