Auch mich haben die antisemitischen Stimmungen und die gelegentlichen Übergriffe in hohem Maße irritiert und verunsichert. Ich fragte mich, was ich in diesem Land, in dem ich zwar geboren wurde, in das ich aber nicht freiwillig zurückgekehrt war, noch zu suchen hätte. Ich habe nie auch nur einen Augenblick vergessen, wem ich es verdankte, daß ich den Zweiten Weltkrieg überleben konnte. Aber was ich schon empfunden hatte, als ich [1946] zum ersten Mal nach dem Krieg wieder in Berlin gewesen war, das machte sich nun, zehn Jahre später, noch stärker bemerkbar: Soviel ich auch in polnischer Sprache publiziert hatte (freilich immer nur über deutsche Literatur), so sehr ist mir Polen doch fremd geblieben. War es je meine Heimat? An den Kommunismus glaubte ich längst nicht mehr. Hatte es dann noch Sinn, hier zu leben?