rundsätzlich muss daran erinnert werden, dass damals die letzte Schlacht des Kalten Krieges geschlagen wurde. Es ging um die Mittelstrecken-Vorrüstung der Sowjetunion und um die drohende amerikanische Nachrüstung. Diese Auseinandersetzung hat die Spannungen zwischen den Weltmächten, zwischen Nato und Warschauer Pakt verstärkt. Es war das Bestreben der Bundesrepublik, es war die Plicht der Bundesregierung alles zu unternehmen, um die innerdeutschen Beziehungen im Interesse der Menschen aus dieser Konfrontation, soweit es ging, herauszuhalten. Die Sprache der damaligen Zeit macht das deutlich. Man sprach von der Verantwortungsgemeinschaft der Deutschen für den Frieden, beider deutschen Staaten. Als Schmidt nach Hubertusstock reiste, war ihm, so seine Angaben, versichert worden, dass in den nächsten Tagen nichts geschieht. Die SED hat sich damit gebrüstet, dass sie Schmidt genau zum richtigen Zeitpunkt - als das Kriegsrecht verhängt wurde - eingeladen hatte. Und damit der polnischen Regierung und dem Warschauer Pakt 36 Stunden Zeit geschenkt hat, in denen die Nato zu keiner Entscheidung über Gegenmaßnahmen fähig war. Weil der Bundeskanzler der Bundesrepublik sich auf dem Territorium der DDR befand. In dem Kalkül der Bundesregierung hatte die Bewahrung der innerdeutschen Beziehungen eine höhere Priorität als eine Solidarität mit Polen. Und so hat die Bundesregierung auch gehandelt. Schmidt hat sehr klar und deutlich erklärt, dass es ihm darauf ankomme den Krisenherd Polen zu begrenzen, ihn nicht zu einer europäischen Krise auswachsen zu lassen. In dieser komplizierten Situation hatte es den Anschein, als ob die Bundesregierung Solidarität gegenüber den kommunistischen Machthabern aus Staatsräson ausübte. Kompensiert wurde diese staatliche Haltung der Bundesrepublik durch eine private, vor allem von der katholischen Kirche initiierten und organisierten Hilfsaktion für das frierende und teilweise hungernde Polen. Das hinterließ damals in Polen einen großen Eindruck, diese spontane Hilfsbereitschaft der Westdeutschen.