Ich bin nämlich überzeugt davon, dass der Habitus, die Mentalität vieler Polen damals sich unter dem Einfluss des Staates entwickelte, in dem die Polen lebten. Und das war mal der preußische Staat, das zaristische Russland und Österreich. Die Grenzen sind, so meine ich, sind auch heute nicht völlig überwunden. Das ist heute immer noch sichtbar in Mentalitätsunterschieden von Menschen aus verschiedenen Provinzen. Also es ist auch nicht leicht von einem einheitlichen Deutschenbild in diesem Zusammenhang zu reden, denn die Polen aus dem Russischpolen haben dann eine andere Vorstellung entwickelt, sie hatten ihren russischen Feind und in den Aufständen spielte Preußen auch keine gute Rolle, aber nicht gegen Preußen haben Polen aufbegehrt, sondern gegen die Unterdrückung des Zarenreiches. Und dann natürlich war das Bild der deutschen Kultur, der deutschen Sprache, des deutschen Preußen in Galizien dann natürlich ein ganz anderes. Das was sich dann in der preußischen Teilung Polens entwickelte, überschattete dann alle anderen Facetten in der Erinnerung von heute. Wenn wir die Romane aus dem 19. Jh. lesen, die polnischen und die deutschen, dann merken wir, dass diese Diskussion anderes verlaufen ist, als wir es heute sehen. Auf der anderen Seite gibt es noch Unterschiede, die viel tiefer liegen, und die sich für viele Polen entlang einer Grenze bewegen, die Norddeutschen, die Süddeutschen. Es ist nicht immer die Grenze, die Protestanten, die Katholiken, aber wichtig ist es auch schon.