Zitat

Deutsche & Polen

Vertreibung aus Posen

Kazimiera Bartczak
Biografie

An diesem Tag, ich kann mich daran nicht erinnern, ob das Vor- oder Nachmittag war. Sie sind gekommen. Es sind ein paar Deutsche hereingekommen, der größte Teil war aus Hitlerjugend..... Sie haben sich sehr ordinär benommen, sie sind in die Wohnung hereingekommen und „ihr habt fünf Minuten Zeit und wir werden euch herausschmeißen und ihr müsst mitfahren“ . Was konnte man innerhalb dieser fünf Minuten machen, wenn wir überhaupt nicht wussten, was bedeutet: hinausfahren. Keiner hat geahnt, dass man alles lassen muss und mit ihnen gehen. .... Sie haben uns zu so einem Hof gebracht – er hieß Wojtowe Male, zum Kuhstall, auf das Stroh und dort haben wir ein, zwei oder drei Tage verbracht, bis die Deutschen mehr Menschen aus der Umgebung gesammelt haben..... Und dann sind wir zu Fuß zu einem Güterzug gegangen. In den Güterwagen gab es sehr viele Menschen. Es soll dort ca. 30-40 Viehwagen gegeben haben. Können sie sich vorstellen, was das war ? und sie haben uns so ein oder zwei Tage gefahren, man weiß nicht..... Letztlich haben sie uns nach Radom gebracht und in Radom ließen sie uns aussteigen und „Macht, was ihr wollt“ . Sie haben uns aus dem Zug rausgeschmissen und das war alles. Und nichts..... und wir hatten nichts, Sie können sich das vorstellen. Man wusste nicht, was man tun soll. Gut, dass man noch jung war. Jugend denkt anders als ein älterer Mensch. Aber als sie uns in Radom, auf diesem Bahnhof rausgeschmissen haben...., es gab Sonne, es gab ein schönes Wetter, aber das.... Wissen Sie, ich weiß nicht......... Erst damals habe ich begriffen, dass ich alles verloren habe und begann zu weinen. Und erst damals wurde mir klar, dass sie mich herausgeschmissen haben und dass ich nichts habe..... Das war schrecklich. Das alles habe ich erst damals begriffen, weil ich die ganze Zeit unter Schock stand. Mein Mann war auch im Schock. Er war etwas älter als ich, also er hatte auch mehr Lebenserfahrung..... Dann hat sich mein Mann daran erinnert, dass er in Radom eine Kusine hat und wir haben diese Kusine gefunden. Und wir haben ein paar Tage bei ihr verbracht.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Kazimiera Bartczak, Vertriebene, Posen/Poznan"
ORB, 2002

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